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Job, Skill & Match: Der preisgekrönte KI-Lebenslauf-Matcher von RWE

  • Writer: Julian Ziesing
    Julian Ziesing
  • Jun 4
  • 6 min read

Es wird immer matchiger: Jetzt bauen die Arbeitgeber ihre KI-Anwendungen schon selbst! Und landen damit auf der Shortlist des Innovation Awards. Hintergrundgespräch mit Regina Pfortje.



Regina Pfortje


verantwortet Global Employer Branding

& HR Communications bei der RWE AG.


Mit dem Lebenslauf-Matcher landete RWE auf der Shortlist von Potentialparks Innovation Award 2025, vergeben beim Summit in Hamburg.



Treffen sich zwei Fische im Meer. Fragt der eine den anderen: „Was ist eigentlich Wasser?“


So kommt es mir vor, wenn wir im Recruiting über Skills sprechen.


Sind die nicht einfach… schon immer da? Ganz von selbst. Kein Bewerben ohne Skills. Alle schwimmen darin und atmen daraus. Sie fallen erst auf, wenn sie fehlen.


Warum reden dann gerade so viele über „Skill-basiertes Recruiting“ als gäbe es „Wasser-basierte Fische“?


Eine Erklärung könnte dieses andere Ding sein, von dem gerade noch mehr geredet wird, ich trau es mich kaum zu schreiben, aber ich tu es trotzdem: KI. Bitte bleiben Sie dran, es gibt dazu etwas Neues: Skills und KI zusammen sind ein echtes Traumpaar. Aus zwei Trend-Klischees wird eine technologische Liebesheirat.


Skill heißt auf Deutsch Fertigkeit, oft meint man aber auch Fähigkeiten und Erfahrungen damit – da gibt es einen Unterschied, und den können Psychologen sehr gut erklären, aber das gehört nicht hier her. Und Skills eignen sich – das könnten nun KI-Experten wiederum sehr gut erklären – hervorragend für die vektorbasierte Berechnung von Übereinstimmungen zwischen Stellen und Bewerbern.


In meiner Vorstellung sind Skills so etwas wie die kleinsten gemeinsamen Nenner, die Atome, aus denen Jobs bestehen. Und mit solchen Atomen kann die KI wohl ganz gut umgehen (jedenfalls besser als mit manchen Logikaufgaben).


Arbeitgeber horchen gern auf, wenn sich erweist, dass eine Technologie wirkt, die sie selbst ergreifen und beherrschen können. Nicht nur gut, auch machbar muss sie sein. Neben dem allertypischsten Anwenderfall, dem AI-Chat, ist das Skillmatching daher gerade eine der "Einstiegsdrogen" für KI-Entwicklung im Recruiting. Womit wir bei RWE sind.


Dort hat man sich gedacht: Selbst ist der Konzern. Und In-House einen Matcher gebaut, der Lebensläufe mit KI ausliest und Bewerbern passende Stellen empfiehlt. Mutig und, meiner bescheidenen Praxis-Meinung nach, von der Candidate Experience her wirklich gelungen. Schon aus berufsbedingter Neugierde muss ich dem mal auf den Grund gehen - Zeit für ein Interview mit Regina, einer der Macherinnen dahinter. Austausch unter Produktliebhabern ist schließlich immer gut.


Gut gebrandet, mobil-freundlich und screenfüllend: Der Einstieg in den CV-Matcher
Gut gebrandet, mobil-freundlich und screenfüllend: Der Einstieg in den CV-Matcher

Julian: Regina, wir kennen uns ja schon eine ganze Weile. Stell dich doch unseren Lesern bitte kurz vor.


Regina: Mein Name ist Regina Pfortje. Ich bin im Bereich Employer Branding und HR Communications bei der RWE AG tätig. Wir verantworten das globale Employer Branding für den gesamten Konzern, und mein Schwerpunkt liegt auf der Karrierewebseite und allem, was damit zusammenhängt. In diesem Zusammenhang war ich auch stark in das Projekt CV-Matcher involviert.


Julian: Ihr seid damit auf der Shortlist des Potentialpark Innovation Awards gelandet – herzlichen Glückwunsch! Kannst du uns das Ganze kurz erklären?


Regina: Danke! Der CV-Matcher ist ein KI-gestütztes Web-Tool, das Jobsuchenden nach dem Hochladen ihres Lebenslaufs passende Stellenangebote vorschlägt.


Jobs anbieten, die über den Tellerrand hinausgehen

Das Besondere daran ist, dass nicht nur offensichtliche Matches angeboten werden, sondern auch Jobs, die möglicherweise über den Tellerrand hinausgehen – also Positionen, die Bewerbende vielleicht nicht selbst gesucht hätten, die aber trotzdem gut zu ihrem Profil passen könnten.

 

Julian: Der Arbeitsmarkt ist derzeit ja ziemlich herausfordernd: Fachkräftemangel auf der einen, hohe Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite. Welches Problem wolltet ihr mit dem CV-Matcher konkret lösen?


Regina: Es gibt verschiedene Herausforderungen, die wir adressieren wollten.


  1. Zum einen wollten wir Bewerbenden eine innovative Alternative zur klassischen Jobsuche bieten. Viele wissen gar nicht, welche vielfältigen Karrieremöglichkeiten RWE bietet. Der CV-Matcher kann dabei helfen, neue Wege aufzuzeigen.


  1. Gleichzeitig haben wir durch das Tool die Möglichkeit, den Recruiting-Prozess fairer zu gestalten. Der CV wird anonymisiert, sodass persönliche Daten wie Name, Alter, Geschlecht oder Foto vor dem Matching entfernt werden. Dadurch stellen wir sicher, dass wirklich nur Qualifikationen und Erfahrungen zählen.


  1. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir RWE als innovativen Arbeitgeber mit einer hohen technologischen Kompetenz präsentieren wollen – der CV-Matcher ist da ein spannendes Beispiel für eine Eigenentwicklung im Bereich KI.


Julian: Wie seid ihr überhaupt auf die Idee gekommen? Hattet ihr ein konkretes Vorbild?


Regina: Wir haben uns verschiedene KI-Anwendungen im HR-Bereich angesehen und geprüft, welche Mehrwerte sie bieten könnten. Der CV-Matcher hat sich als besonders geeignet herausgestellt, weil er einen direkten Mehrwert für Bewerbende schafft und gleichzeitig eine gute Möglichkeit für uns ist, interne Erfahrungen mit KI zu sammeln.


Julian: Wie genau funktioniert der CV-Matcher für Bewerber?


Regina: Die Technologie baut auf einem LLM auf. Man muss nur den Lebenslauf im PDF-Format hochladen. Dann entfernt das System zunächst automatisch alle persönlichen Daten, also Name, Geburtsdatum, Geschlecht, Adresse und Fotos.


Anschließend gleicht die KI die verbleibenden Informationen mit den offenen Stellen bei RWE ab und schlägt innerhalb von 30 Sekunden bis zu drei passende Jobs vor.

Ziel: nur drei Matches, dafür möglichst hochwertige
Ziel: nur drei Matches, dafür möglichst hochwertige

Neben den Jobtiteln gibt es zusätzlich eine kurze Erklärung, warum diese Positionen zu den Qualifikationen passen. Von dort aus können Bewerbende direkt zur Stellenausschreibung wechseln und sich bewerben oder die Suche fortsetzen.


Das System lernt durch jeden hochgeladenen Lebenslauf

Julian: Warum macht ihr einen Cut-Off bei drei Jobs?


Regina: Das ist eine bewusste Entscheidung. Wir haben festgestellt, dass eine kleinere Auswahl die Nutzerfreundlichkeit erhöht. Wenn zu viele Optionen präsentiert werden, kann es schnell überwältigend wirken.


Außerdem wollen wir sicherstellen, dass nur die relevantesten Matches angezeigt werden. Im Hintergrund werden zwar mehr Stellen geprüft, aber wir zeigen nur diejenigen mit der höchsten Übereinstimmung an.


Man muss auch sagen, dass wir noch in der experimentellen Phase sind. Es kann passieren, dass Jobs nicht direkt passen. Das System lernt durch jeden hochgeladenen Lebenslauf.


Julian: Wie kommt das Tool bisher an?

 

Regina: Das Feedback ist überwiegend positiv. Allerdings sehen wir, dass die höchste Abbruchrate ganz am Anfang passiert – also bevor ein Lebenslauf hochgeladen wird.


Das könnte daran liegen, dass Bewerbende zunächst nur neugierig sind oder gerade keinen Lebenslauf als PDF zur Hand haben. Wir planen aktuell eine Analyse, um besser zu verstehen, woran es genau liegt und wie wir den Einstieg möglicherweise optimieren können.


Welche KPIs sind am aussagekräftigsten?

Julian: Welche Daten messt ihr zur Erfolgskontrolle?


Regina: Wir tracken verschiedene Metriken von der Anzahl der User über den gesamten Recruitment-Funnel bis hin zu den Einstellungen, sind aber noch in der Auswertungsphase.


Momentan sehen wir, dass unsere klassische Jobbörse häufiger genutzt wird als der CV-Matcher. Wir müssen nun herausfinden, woran das liegt und wie wir das Tool noch attraktiver machen können.


Eine spannende Frage für uns ist auch, welche KPI für den Erfolg des CV-Matchers am aussagekräftigsten sind. Ist es die Anzahl der generierten Bewerbungen? Oder eher die Zahl der Bewerbungen, die tatsächlich an Hiring Manager weitergeleitet werden? Diese Fragen werden uns in den kommenden Monaten noch begleiten.


Julian: Sehr spannend, nicht nur Quantität, sondern Qualität und Passung zu messen.


Der Matcher liefert auch eine Erklärung mit, warum er so gematcht hat
Der Matcher liefert auch eine Erklärung mit, warum er so gematcht hat

Regina: Genau. Es ist wichtig, dass Recruiter erkennen, wenn eine Bewerbung über den CV-Matcher eingegangen ist. Sonst kann es passieren, dass eine Bewerberin eine Stelle vorgeschlagen bekommt, die sie vorher nicht in Betracht gezogen hätte, aber dann sofort abgelehnt wird, weil ihr Lebenslauf nicht exakt passt.


Ein Beispiel: Wenn ich aus dem HR-Bereich komme und mir eine Stelle im Consulting oder in Communications vorgeschlagen wird, kann ich mir durchaus vorstellen, dass das passt. Doch wenn der Recruiter meine Bewerbung sofort aussortiert, weil mein Lebenslauf keine direkte Erfahrung in diesem Bereich zeigt, entsteht ein Widerspruch.


Das kann für Bewerbende frustrierend sein – erst wird ihnen vermittelt, dass sie eine Chance haben, dann kommt umgehend eine Absage. Solche Prozesse müssen wir überdenken, um eine bessere Candidate Experience zu schaffen.


HR wird als Innovationsbereich wahrgenommen

Julian: Wer war denn alles an der Entwicklung beteiligt?


Regina: Ein interdisziplinäres Team aus HR, IT, Recruiting und Employer Branding. Wir haben uns bewusst für eine Inhouse-Entwicklung entschieden, weil es kein vergleichbares Produkt am Markt gab und weil wir unsere KI-Kompetenzen weiter ausbauen wollten. Dabei brauchte es viel Verständnis für unterschiedliche Prozesse im Konzern.


Julian: Gab es Herausforderungen bei der Umsetzung, etwa in Bezug auf Datenschutz oder Ressourcen?


Regina: Natürlich sind Datenschutz und Budget immer ein Thema. In diesem Fall hatten wir aber volle Unterstützung vom Management, was nicht selbstverständlich ist und zeigt, dass HR als Innovationsbereich wahrgenommen wird.


HR und IT: wir haben viel von einander gelernt

Julian: Was hat dich persönlich an diesem Projekt am meisten überrascht oder beeindruckt?

 

Regina: Die enge Zusammenarbeit zwischen HR und IT. Wir haben viel voneinander gelernt – das IT-Team hat neue Einblicke in Recruiting und Candidate Experience gewonnen, während wir im HR-Team ein besseres Verständnis für KI-Entwicklung und Systemarchitektur bekommen haben.


Julian: Was würdest du anderen Unternehmen raten, die ein ähnliches Projekt starten wollen?


Regina: Frühzeitig alle relevanten Stakeholder einbinden und das Thema Datenanalyse von Anfang an mitdenken.


Julian: Was sind eure nächsten Schritte?


Regina: Wir wollen weitere Daten sammeln und analysieren, um zu entscheiden, wie wir den CV-Matcher weiterentwickeln. Eine Option wäre eine stärkere Integration mit unserem Bewerbermanagementsystem, um eine One-Click-Bewerbung zu ermöglichen. Auch eine Job-Alert-Funktion könnte eine sinnvolle Erweiterung sein.


Julian: Regina, vielen Dank für euren Mut, das auszuprobieren und mit der Community zu teilen. Ich bin gespannt, wie es bei euch mit KI weitergeht!


PS: Und hier kann jeder ihn selbst einmal ausprobieren. Natürlich auch mobil, solang man den Lebenslauf als PDF auf dem Handy hat:


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