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Indeed intergiert Glassdoor - und begründet Massen-Entlassung mit KI

  • Writer: Julian Ziesing
    Julian Ziesing
  • Jul 15
  • 5 min read

Updated: Jul 16

Lang herbeigesehnt: Reuters kündigt die Zusammenlegung von Indeed und Glassdoor an. Aber was ist eigentlich der Plan - außer Stellenstreichungen?


Freitagabend ist eine gute Zeit für Meldungen, von denen man möchte, dass sie unbemerkt bleiben. Die Polit-Serie "The West Wing" benannte eine Folge nach dieser Taktik, unbequeme Neuigkeiten quasi im beginnenden Wochenende zu verstecken: "Take out the trash day". War das hier auch der Fall, oder warum hat es bisher (Dienstag) kaum jemand mitbekommen?


Vergangenen Freitag, 11.07.2025, um 19 Uhr unserer Zeit verkündete Reuters:


"Memo belegt: Indeed und Glassdoor wollen im Zuge einer KI-Integration 1300 Stellen streichen"
"Memo belegt: Indeed und Glassdoor wollen im Zuge einer KI-Integration 1300 Stellen streichen"

Die Plattformen Glassdoor und Indeed gehören beide schon lange der japanischen Holding Recruit. Es ist ebenso lang erwartet worden, dass sie miteinander verschmelzen. Manche Kunden haben es sogar regelrecht herbeigesehnt. Oft habe ich HRler über die unklare Situation und verwirrenden Service der bestehenden Zweigleisigkeit klagen hören.


Doch mir fällt neben dem verdächtigen Zeitpunkt der Meldung auf, dass


  1. ...wenig Konkretes zu Zukunftsplänen erwähnt wird, sondern vor allem Stellenstreichungen.

  2. ...diese aber nicht begründet werden mit der Zusammenlegung der beiden Plattformen, sondern mit "KI-Integration".

  3. ...ich noch die Begleit-Kommunikation vermisse. Ist es offiziell oder ein Leak? Und was ist der Plan für die Zukunft?


Wenn angekündigt wird, dass der Glassdoor-CEO geht, wie auch der Chief People and Sustainability Officer von Indeed, und der Recruit-CEO dazu zitiert wird, und es nicht dementiert wurde, fällt es schwer zu glauben, es sei nur ausgedacht.


Dennoch ist das zitierte Memo offenbar nicht offiziell, keine Pressemitteilung oder Kunden-Benachrichtigung. Ohne selbst mit Indeed gesprochen zu haben, möchte ich nicht spekulieren, sondern erstmal nur Fragen aufwerfen, die sich den Kunden und Usern jetzt stellen.



Das schöne Wort Integration


Es ist in der Meldung gleich zweimal die Rede von "Integration":

  • "AI integration"

  • "integrate Glassdoor operations into Indeed"


Indeed bekommt also Glassdoor integriert, und zudem bekommt es künstliche Intelligenz integriert.


Das klingt schön - wir wollen ja heute vor allem integrieren, statt zu spalten. Doch bei dieser euphemistischen Wortwahl bleibt einiges offen.


Zu Glassdoor heißt es: Der CEO geht. Verschwindet nun auch die Marke? Und wichtiger, damit auch der Spirit?



Der Spirit von Bewertungs-Plattformen


Seit der Gründung 2007, dem Jahr , in dem auch kununu in Wien startete, hat sich Glassdoor weltweit einen Ruf aufgebaut, eine Quelle des Vertrauens für Bewerber zu sein. Dies belegen auch die Studien von Potentialpark.


Es wird sich zeigen, ob Indeed dieses Vertrauen bei Jobsuchern halten kann. Anders gefragt, werden die User von Glassdoor jetzt zu Indeed gehen? Oder verliert man die, die gezielt auf der Recherche nach Arbeitgeber-Bewertungen und Gehältern sind?


Bald Geschichte? Die Startseite von glassdoor.com
Bald Geschichte? Die Startseite von glassdoor.com

Was heißt das für HR?


Für Arbeitgeber, die vor allem in Deutschland rekrutieren, mag all dies wie eine Randnotiz erscheinen. Glassdoor hat zwar global über 60 Mio Besucher im Monat, Indeed über 300 Mio. In Deutschland war aber kununu immer der lokale Platzhirsch im Reputation Management.


Doch je mehr Reviews und Jobs verschmelzen, desto mehr müssen sich auch hiesige Plattformen wie Xing und kununu, Stepstone oder LinkedIn fragen, wie sie gegen den globalen Riesen Indeed in Zukunft bestehen wollen.


Das hängt auch davon ab, ob Indeed über günstige Preise punkten kann, insbesondere in wirtschaftlich sensiblen Zeiten wie diesen. HR-Teams, die nicht mehr auf Post & Pray allein setzen, sondern Reichweite über Content und Marketing aufbauen, hinterfragen immer mehr die Preispolitik der etablierten Jobbörsen.


Man hört ja viel von der Umstellung von pay per job zu pay per click zu pay per application.


Ein weiterer Punkt werden Daten sein: Indeed verfügt über eine massive Datenbank an Bewerber-Profilen. Alle Jobbörsen scheinen derzeit zu versuchen, mehr und mehr Ownership über die Kandidaten und deren Daten, Präferenzen, Aufmerksamkeit und Verhalten zu gewinnen. Wer Recruitern den schnellsten und zielsichersten Zugang zu passenden Bewerbern bietet, kann vermutlich am meisten Profit daraus schlagen.


Für Kunden stellen sich aber auch Fragen wie diese: Was passiert denn mit den vielen alten Reviews der Glassdoor-User? Werden die ebenfalls in Indeed integriert? Springt dann erstmal der Score der Arbeitgeber ein Stück nach oben oder unten?


Um aber mal positiv zu spekulieren - sprach ich in den letzten Jahren mit HR-Teams, verbanden sie vor allem Hoffnung mit einer Zusammenlegung:


  • Endlich nicht mehr zwei konkurrierende Plattformen vom selben Eigentümer?

  • Eine klare Strategie, Vollgas und Mut bei der Entwicklung?

  • Für Kunden eine Ansprechperson, ein Paket, vielleicht sogar Synergie-Vorteile, die an Kunden weitergegeben werden?


Das Business von Indeed, der meistbesuchten Jobbörse der Welt, ist es ja, Lösungen für Arbeitgeber zu entwickeln und dabei attraktiv bei Bewerbern zu bleiben. Daher erwarte ich hier früher oder später auch eine Strategie (und bin darauf sehr gespannt).



Die überraschende Begründung für die Job Cuts


Doch der Hammer bei der ganzen Angelegenheit ist ja Folgendes: Gleichzeitig kündigt Reuters die Entlassung von 1.300 Jobs bei Glassdoor und Indeed an, und zwar begründet nicht etwa mit der Zusammenlegung oder der miesen Konjunktur, sondern mit "KI".


Das schockt mich schon, und während ich dies schreibe, habe ich das immer noch nicht ganz verdaut, zumal mich selber vor kurzem das Schicksal einer Entlassung ereilte.


Laut CBS betrifft der Abbau 6% der Tech-Mitarbeiter der gesamten Holding Recruit. Sind darunter auch Mitarbeiter bei Glassdoor und Indeed in Deutschland? Wir wissen es noch nicht.


Müssen wir uns jetzt darauf einstellen, dass Unternehmen harte Einschnitte mit KI rechtfertigen? Und ist das der wahre Grund, oder nur eine willkommene Legitimierung, bei der niemand nachfragt? Etwas von beidem?


Doch was ist denn dann der Plan für diese "AI Integration"? Wie werden Kunden profitieren, wie Bewerber? Schafft diese Strategie auch neue, andere Stellen, oder verdrängt sie nur bestehende?



Fazit: Krisen zeigen, wer es ernst meint


Krisen sind immer ein Test. Ein Darwin-Moment. In unserer beschaulichen HR-Branche stellen sich die Unternehmen - ob Provider oder Arbeitgeber - gern als fortschrittlich und menschlich dar, als New Work zugewandt, als Familie oder Community.


Doch die Einschläge kommen näher. Entlassungen, Pleiten und radikale Pivots von Geschäftsmodellen sind an der Tagesordnung. Statt Lust auf Zukunft spürt man dabei manchmal Hektik und Unsicherheit.


Dass Glassdoor in Indeed aufgeht, ist logisch und keine Überraschung. Doch dass das einhergeht mit dermaßen vielen Entlassungen und KI die Schuld gegeben wird, ohne dass gleichzeitig eine Vision sichtbar wird, eine Einladung an Talente, diese Zukunft zu gestalten, zeigt eine größere strategische Tragweite, die nun etwas gespenstisch in der Luft hängt.


Eine solche Ankündigung ist nur ein Beispiel dafür, wie die multiplen disruptiven Trends in der HR-Welt zusammenlaufen.


Als alter Optimist glaube ich an eine positive Zukunft, die Möglichkeiten von KI, die Kraft der Erneuerung im Wandel. Doch man sollte kritisch bleiben, wie der Weg dahin aussieht, auf wessen Kosten er geht und wie in solchen Fällen entschieden und kommuniziert wird.


In dem Sinne bin ich gespannt, was uns zu diesem Thema die nächsten Tage und Wochen noch erreicht.


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